Kraft

Wenn die Beweglichkeit eingeschränkt ist

Viele Menschen mit MS sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Doch Muskelschwäche und Spastiken lassen sich gut behandeln. Vor allem Sport und gezielte Bewegung haben einen positiven Effekt auf die körperlichen Fähigkeiten von Menschen mit MS. Denn regelmäßiges Training kann nicht nur Verkrampfungen lindern, sondern auch die Muskelkraft verbessern.

Muskelschwäche bei MS: Was bedeutet das?

Als „Kraft“ bezeichnen Experten die Fähigkeit, mithilfe von Muskeltätigkeit Widerstände zu überwinden, sie zu halten oder ihnen entgegenzuwirken. Bei Menschen mit MS kann die Muskelkraft verringert sein. Das macht sich besonders in der unteren Körperhälfte und an den Armen bemerkbar. Manchmal kommt es dabei auch zu Lähmungen.

Es gibt verschiedene Ursachen für die MS-bedingte Muskelschwäche. Mitunter kommen die Befehle aus dem Zentralnervensystem nicht mehr oder nur in vermindertem Maß in den Muskeln an. Meist lösen aber sogenannte Spastiken (Verkrampfung der Muskulatur) die Lähmungen aus. Bei leichten Ausprägungen spüren die Betroffenen zunächst nur eine Steifigkeit oder ein Spannungsgefühl in den Beinen. Typisch ist das Gefühl, dass ein Bein oder Arm schneller „müde“ oder „schwer“ wird. Häufig bemerken zuerst die Angehörigen diese Veränderungen, und nicht die Betroffenen selbst.

Spastiken und Lähmungen: Entzündungsherde als Auslöser

Auslöser für Lähmungen bzw. Spastiken sind größtenteils MS-bedingte Entzündungsherde, die an den für Bewegungsabläufe zuständigen Nervenbahnen auftreten. Dabei sind die Beine früher, häufiger und stärker von den Lähmungen betroffen als die Arme.

Ob es bereits in einem frühen Krankheitsstadium zu Lähmungen kommt, ist abhängig vom Verlauf der MS. So kommen sie bei der rein schubförmigen MS deutlich seltener vor als bei der schubförmig progredienten MS. Beim chronisch progredienten Verlauf sind Lähmungen das Kernsymptom.

Fragen zum Umgang mit deinen Symptomen im Alltag? Erfahrene MS-Coaches im MS Service-Center kennen gute Tipps. Nimm einfach Kontakt auf.

Streckspasmen: am häufigsten in der Nacht

Werden die Lähmungen bzw. Spastiken stärker, treten meistens zunächst sogenannte Streckspasmen auf. Sie führen dazu, dass sich die Muskeln, die für die Streckung verantwortlich sind, plötzlich anspannen. Die Folge sind unwillkürliche Bewegungen, die die Beugefähigkeit einschränken und besonders häufig nachts vorkommen. Diese Streckspasmen sind unangenehm und teilweise mit Schmerzen verbunden. Sie können spontan auftreten, meistens lösen jedoch bestimmte Tätigkeiten wie Husten oder Gähnen die Streckspasmen aus.

Beugespasmen: Innere Reize reichen aus

In vielen Fällen lassen im Lauf der Zeit die Streckspasmen nach und es treten vermehrt sogenannte Beugespasmen auf. Dabei verkürzen sich die Muskeln, die für Beugebewegungen zuständig sind. Der Betroffene beugt dadurch plötzlich und unwillkürlich zum Beispiel die Beine in den Hüft- und Kniegelenken. Verschiedene Faktoren können die Beugespasmen verursachen, doch reichen hier bereits innere Reize aus: Schon eine Blaseninfektion, eine volle Blase oder ein gefüllter Darm können zu den unwillkürlichen Bewegungen führen.

Behandlung: Sport und Bewegung helfen besonders gut

Die beschriebenen Symptome lassen sich durch verschiedene Maßnahmen lindern. Bestimmte Medikamente etwa können die Muskelspannungen verringern. Einen immer höheren Stellenwert in der Behandlung von Muskelschwäche und Spastiken bei MS haben in den letzten Jahren auch Sport und Bewegung bekommen. Gezieltes Koordinations- und Krafttraining sowie regelmäßige körperliche Aktivität helfen dabei, viele Alltagsbewegungen wie Aufstehen, eine Treppe hochsteigen oder sich ins Bett legen, wieder leichter und mit weniger Schmerzen auszuführen. Auch bestimmte Dehnübungen tragen dazu bei, die Muskeln weich und beweglich zu halten.

Gut zu wissen

  • Wenn du unsicher bist, ob und welchen Sport du betreiben darfst, frage am besten vorher deinen Arzt oder einen Sporttherapeuten, der auf MS spezialisiert ist. Sie können dir helfen, wieder mehr Bewegung in deinen Alltag zu bringen.
  • Krafttraining kann deine Muskelkraft laut einiger Studien zwischen 7 und 23 Prozent verbessern. Beim Krafttraining solltest du folgende Dinge beachten: wenig Gewicht, viele Wiederholungen, Beine auch funktionell trainieren (z. B. Laufband, Kletterwand), Pausen einhalten, Ausweichbewegungen beachten und nicht überhitzen.
  • Um die positiven Effekte von Sport und Bewegung auf deine Muskelkraft und Beweglichkeit zu spüren, solltest du regelmäßig trainieren. Allerdings: Übertriebener Ehrgeiz schadet nur. Passe die Intensität und Dauer deiner sportlichen Aktivität daher an deine persönliche Leistungsfähigkeit an.
  • Das sogenannte Uhthoff-Phänomen führt bei manchen Menschen mit MS zu einer Leitungsverschlechterung der Nervenfasern, sodass sich bestehende neurologische Symptome kurzfristig verstärken („Pseudo-Schub“). Ursache ist eine erhöhte Körpertemperatur (z. B. durch sportliche Aktivität). Wichtig zu wissen: Die Symptome bilden sich nach Abkühlung, etwa durch eine kalte Dusche oder eine spezielle Kühlweste und Ruhe, schnell wieder zurück. Wenn du sehr stark vom Uhthoff-Phänomen betroffen bist, achte beim Sport auf eine kühle Umgebung oder verwende eine spezielle Kühlkleidung.