Zentrales Nervensystem

Wenn die Signalübermittlung defekt ist

Gehirn und Rückenmark bilden das sogenannte zentrale Nervensystem (ZNS). Die Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des ZNS. Dabei greift das Immunsystem die Nervenzellen des ZNS an und schädigt diese mitunter dauerhaft. Eine entsprechende Therapie kann die MS zwar nicht heilen, den Krankheitsverlauf aber positiv beeinflussen.

Nervensystem: komplexes Netzwerk mit vielfältigen Aufgaben

Das menschliche Nervensystem umfasst alle Nervenzellen des Körpers. Seine Aufgabe ist es, Informationen aus der Umwelt und dem eigenen Körper zu verarbeiten. Dadurch kannst du nicht nur denken, fühlen und handeln. Das Nervensystem kontrolliert auch den Informationsaustausch und das Zusammenspiel deiner Organe untereinander. Je nach Lage der Nervenbahnen im Körper unterscheiden Mediziner zwischen dem zentralen Nervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS).

Was ist das zentrale Nervensystem?

Das Gehirn, das aus bis zu 100 Milliarden Nervenzellen (sogenannten Neuronen) besteht, bildet zusammen mit dem Rückenmark das zentrale Nervensystem (ZNS). Die Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark sind durch den Schädelknochen bzw. den knöchernen Wirbelkanal sowie durch das sogenannte Nervenwasser (Liquor) gut geschützt. Zusätzlich sorgt die sogenannte Blut-Hirn-Schranke dafür, dass keine schädlichen Stoffe und Krankheitserreger aus dem Blut in das ZNS eindringen können. Das ZNS ist eine Art Steuerzentrale für den gesamten Körper.

Was ist das periphere Nervensystem?

Das periphere Nervensystem (PNS) besteht aus den Hirnnerven und den im Rückenmark entspringenden peripheren Nerven, die sich beispielsweise in den Armen und Beinen weiter verzweigen und Haut und Muskeln versorgen. Das PNS verbindet Gehirn und Rückenmark mit dem Rest des Körpers und wirkt als Zuführ- und Ausführungsorgan des ZNS. Funktionell gibt es keine Trennung zwischen ZNS und PNS.

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Zentrales Nervensystem: So funktioniert eine Nervenzelle

Nervenzellen oder -fasern bestehen aus einem Nervenzellkörper sowie langen und kürzeren Fortsätzen, auch Axone und Dendriten genannt. Sie dienen der Kommunikation zwischen den Nervenzellen und der Übermittlung elektrischer Impulse. Ähnlich einer Antenne empfangen die Nervenzellen die Impulse vom Axon der ihnen jeweils vorgeschalteten Nervenzelle. Treffen über das Axon elektrische Impulse ein, werden an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) Transmittersubstanzen ausgeschüttet. Das sind spezielle Eiweiße, die nun an der folgenden Nervenzelle den nächsten elektrischen Impuls zur Informationsweiterleitung auslösen.

Die Axone sind zudem von einer Isolierschicht umgeben, der Mark- oder Myelinscheide. Die einzelnen Myelinscheiden reihen sich wie Perlen an einer Schnur auf dem Axon aneinander und werden durch die sogenannten Ranvierschen Schnürringe getrennt. Die Nervenimpulse können dadurch von Schnürring zu Schnürring springen. Dadurch leitet die Nervenfaser einen Impuls viel schneller weiter als ohne Myelinscheide. Erst die Myelinschichten machen also die hohen Leitungsgeschwindigkeiten der Nerven möglich.

Gestörte Reizweiterleitung: Wie MS das zentrale Nervensystem verändert

Bei einer MS-Erkrankung greifen aktivierte Immunzellen die Myelinscheiden der Axone an und zerstören sie teilweise. Darauf folgt der Abbau der Myelinschicht. Diesen Vorgang nennt man Demyelinisierung oder Entmarkung. An den betroffenen Stellen funktioniert daher die Signalübermittlung nicht mehr optimal. Im Krankheitsverlauf kommt es anfangs – je nach Ausmaß der Schädigung – zu einer mehr oder minder vollständigen Regeneration (Remyelinisierung).

Folgen Entzündung, Demyelinisierung und Remyelinisierung im Verlauf der Erkrankung jedoch immer wieder in kurzen Abständen aufeinander, dünnt die Myelinschicht mitunter deutlich aus. Die Weiterleitung der elektrischen Impulse in den betroffenen Nervenfasern kann dadurch dauerhaft gestört sein. Diese Prozesse führen manchmal auch zur Schädigung des Axons selbst.

Wie Untersuchungen im Kernspintomografen zeigten, kann es neben den Nervenschädigungen auch zu einer Verkleinerung der Hirngröße (Hirnatrophie) kommen. Sie tritt oft schon in frühen Erkrankungsstadien auf. Wahrscheinlich ist, dass die Hirnatrophie neben Entzündungsreaktionen und anderen zum Teil noch unbekannten Faktoren vor allem durch die Zerstörung der Axone bedingt ist. Vermutlich handelt es sich dabei um einen chronischen Prozess.

Veränderungen im ZNS: Das sind die Folgen

Abhängig von den geschädigten Bereichen in Gehirn und Rückenmark können unterschiedliche Symptome auftreten. Sie reichen von Parästhesien (z. B. Kribbeln) und Müdigkeit (Fatigue) über Taubheitsgefühle und Schmerzen bis hin zu Sehstörungen oder Lähmungen (z. B. Paresen). Die Multiple Sklerose ist zum heutigen Zeitpunkt zwar nicht heilbar, aber die zur Verfügung stehenden Therapien können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.